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Das Kreuz mit dem Kreuz

Rückenschmerzen bringen dich nicht um. Sie können aber die Lebensqualität drastisch reduzieren. Weil sie nerven und weil sie dich ermatten. Weil sie dich einschränken und eine Spirale aus Schmerz und Schonhaltung einsetzen kann.

Aus meiner Erfahrung sind an Schmerzen im Rücken drei Muskelgruppen besonders beteiligt (wenn auch nicht allein für Schmerzen verantwortlich). An ihnen lohnt es sich besonders zu arbeiten. Da wären einmal der Lendenmuskel (Musculus Psoas; Iliacus) und Oberschenkelrotatoren (Gemellus, Piriformis). Und da wäre der obere Anteil des Kapuzenmuskels (Trapezius).

Ischias

Oftmals schreiben wir Schmerzen den Bandscheiben zu, tatsächlich aber ist der birnenförmige Musculus Piriformis der wahre “Schuldige”. Er dreht den Oberschenkel je nach Hüftbeugung nach außen oder innen. Seine Verkürzung und Verhärtung kann bewirken, dass der Ischiasnerv ständigem Druckreiz ausgesetzt ist und letztlich dauerhaft ausstrahlende Schmerzsignale sendet. Eine Gesäßhälfte bzw. ein Bein und der untere Rücken können – meist brennend – schmerzen. Wer viel autofährt, oder einseitig sitzt, könnte davon betroffen sein. Aber auch Power-Yogis, die intensiv Lolasana oder das Durchspringen aus Herabschauendem Hund zu Dandasana üben.

Hilfreich sind jetzt dehnende Asanas wie die Taube (Kapotasana), die Nadelöhr-Haltung (Sucirandhrasana) oder eine einbeinige Krokodil/Scheibenwischer-Variation (Jathara Parivrtti). Auch der sitzende Twist (Ardha matsyendrasana) gilt als Piriformis-Dehnung, persönlich halte ich einbeinige Drehungen im Akutzustand aber für weniger zielführend – es sollte vorher abgeklärt sein, dass nicht das Iliosakralgelenk* blockiert ist. Zum Kraftaufbau kann aus dem Vierfüßerstand das gestreckte Bein seitlich mehrmals hoch- und tiefgeführt werden.

Hohlkreuz, Schmerzen im unteren Rücken

Wenn der Lendenmuskel (M. Iliopsoas), ein Hüftbeuger,  unter Spannung steht, zieht er das Becken nach vorne. Daran festgemacht ist nun mal die Wirbelsäule – und schwupps, wir landen im Hohlkreuz, in der Hyperlordose der Lendenwirbelsäule. Die ständige Stauchung im unteren Rücken kann u.a. große Verspannung bzw. Hartspann erzeugen, was Schmerzen verursacht und ebenfalls landläufig gern mit “den Bandscheiben” erklärt wird – wenngleich vermutlich viele Bandscheibenabnützungen gar keine Schmerzen verursachen und die Bandscheiben in unserem Fall nicht notwendigerweise eine Rolle spielen.

Yogahaltungen wie Krieger 1 -Variationen (Virabdhrasana 1-Variation bzw. Ausfallschritt mit abgelegtem Knie) sind angebracht, um wieder Länge und Flexibilität in den Hüftbeuger zu bringen, jenen Muskel, der Rumpf und Beine miteinander verbindet. Auch die (halbe) Knie-zu-Kinn-Positionen oder (Ardha-) Apanasana zur Dehnung des Psoas und die Schulterbrücke (Setu Bandhasana oder Dvi Pada Pitham) zur Streckung der Hüfte tun jetzt gut. Volle Yoga-Atmung mit Konzentration auf den Bauchraum bewirkt zusätzlich eine Verringerung des Muskeltonus.

Probier’ das zum Beispiel am Rücken liegend und bewege dein Becken dabei schaukelnd (Ausatmen – unterer Bauch spannt an – Becken kippt zu dir, Schambein und Nabel nähern sich an. Einatmen – Bauch löst und bläht sich – Becken kippt nach vor, Schambein bewegt sich weg vom Nabel – Raum entsteht zwischen unterem Rücken und Matten).

Gleichzeitig ist eine Kräftigung anzuraten, denn verspannt muss nicht heißen, dass dieser zentrale Muskel für eine aufrechte Haltung genügend Kraft aufbringen kann. Kräftigend wirkt neben dem Ausfallschritt (Kräftigung des Psoas im vorderen Bein) auch das Boot (Navasana), bei dem Bauch-und Hüftbeugemuskulatur isometrisch arbeiten. Hier besonders genau auf die Ausrichtung und Abwandlung achten, wenn noch nicht genügend Kraft aufgebaut wurde!

Rundrücken, Kopf- und Nackenschmerzen

Als weitere Ausgleichsversuche der Wirbelsäule kann beim Hohlkreuz darüber hinaus ein Rundrücken entstehen und die Halswirbelsäule geht in Überstreckung, damit die Augen weiter den Horizont sehen! (Das übernimmt dann der obere Anteil deines Kapuzenmuskels.)

Jemand hat dich schon einmal (hoffentlich liebevoll) Schildkröte genannt? Das typische Vorrecken des Kinns, um die Fehlhaltung in der Brustwirbelsäule auszugleichen, erinnert tatsächlich an die Meeresbewohner, wenn sie ihren Kopf aus dem Panzer strecken.

Es spricht nichts dagegen, sich mit der Stelle zu beschäftigen, an welcher der Schmerz zu spüren ist. Um die Nackenmuskulatur zu dehnen, neigen wir unseren Kopf vorsichtig zur Seite bzw. nach vorne und überlassen ihn der Schwerkraft. Aber dann heißt es auch an der mutmaßlichen Wurzel des Übels anzusetzen.

Wer also hätte gedacht, dass auch Schmerzen im Nacken ihren Ursprung in der Stellung des Beckens haben können?

Eine weitere Fehlhaltung entsteht, wenn die hintere Oberschenkelmuskulatur (ischiocrurale M.) zu stark an der Beckenschale zerrt und diese nach hinten kippt. Nun wird die Lendenwirbelsäule flach gezogen. Wir dehnen in diesem Fall die Oberschenkelrückseite und kräftigen den Psoas. Sitzende Vorbeugen wie Paschimottanasana oder stehende wie Utthanasana oder Pyramid Pose (Parsvottanasana) sind hilfreich. Aufgepasst – auch hier ist die korrekte Ausrichtung durch Selbstbeobachtung oder noch besser durch einen qualifizierten Yogalehrenden ausschlaggebend. Recht unkompliziert alleine zu üben ist die liegende Beinhebe (Supta Padangusthasana) mit einem Gurt oder einem Schal als Hilfsmittel. Kräftigend wirken

Natürlich ist es trotzdem möglich, dass eine Bandscheibe oder mehrere bzw. das ISG (*Iliosakralgelenk oder Kreuz-Darmbein-Gelenk) verschiedene degenerative Erkrankungen an deinen Schmerzen beteiligt sind. Klär’ das am besten mit deinem Arzt/Ärztin bzw. PhysiotherapeutIn ab. Unserer Erfahrung nach ist dies jedoch weit seltener der Fall als muskulär bedingte Schmerzen. So hat eine Studie des Journal of Neurosurgery: Spine (2005) festgestellt, dass rund 70 Prozent der Ischiasschmerzen dem kleinen Birnenmuskel zuzuschreiben sind! Die gute Nachricht: Du kannst etwas dagegen tun!

Bei all dem dürfen wir die rumpfstabilisierende Bauchmuskulatur und unseren Beckenboden nicht vergessen. Gott sei Dank bewirken viele Yogahaltungen eine Kräftigung der geraden und schrägen Bauchmuskulatur und aktivieren den Beckenboden – zum Beispiel der Baum (Vrkasana), die Bretthaltung (Chaturanga Dandasana) oder die Katze-Kuh-Übung (Bitilasana). Yoga-Atemtechniken (wie das Verlängern der Ausatmung) und Visualisierungen bewirken zusätzlich mentale Entspannung – und diese wiederum muskuläre Entspannung

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