Meiner ist gefräßig, faul und dunkelbraun. Mein Schweinehund. Er macht es sich gern auf der Couch bequem, schaut tonnenweise Serien wie Homeland und gefällt sich in der passiven Rolle des Zuschauers. Ja, morgen, morgen ist auch noch ein Tag.
Mein Schweinehund liebt Lasagne und dunkle, flüssige, warme Schokolade im Lavacake. Er liebt auch Tapas, die spanischen kleinen Vorspeisenportionen. Hmmm, leckerschmecker! Was soll ich sagen: Genuss ist wirklich sein Ding!
Yogisches Tapas, Sanskrit für Feuer, schmeckte ihm erstmal nicht so. Was soll er, der da gern kontemplativ rumliegt, auch mit Disziplin oder Eifer oder Fleiß oder Beharrlichkeit und Konsequenz: Das war nicht so sein Ding.
Ich habe es ihm scheibchenweise unterschieben müssen. Für jedes Mal Meditation, für jedes Mal Yogapraxis, für jedes Mal Frieden suchen statt Ärger Luft machen, hab’ ich ihm was versprochen. Ein Leckerli sozusagen.
Vorher Meditation, dann eine Folge Handsmaid’s Tale. Einmal Wolkengebilden zuschauen für einmal Yogapraxis. Oder so. Das war unser Deal.
Meine Disziplin ist gewachsen, weil der Schweinehund und ich dabei gewinnen. Er den schnellen Genuss, ich die Erdung, den inneren Raum, die Freiheit. Es ist ja mit dem Yoga wie mit dem Zähneputzen: Einmal ist nur ungleich mehr als keinmal. Die Benefits zeigen sich erst in der Regelmäßigkeit. Du kannst auch nicht auf Vorrat zähneputzen, heute 10 Mal, dann 2 Wochen gar nicht. Wieso denken wir, dass es beim Yoga anders wäre?
Heute 90 Minuten Flow, 1 Monat Pause, 1 Wochenend-Retreat mit Ayurveda und Meditation, 3 Monate Pause… so habe ich mich jahrelang um die Früchte meiner Arbeit betrogen. Spüren, wieso Tapas Sinn macht, wirst du erst, wenn du mal mit ein bisschen Durchhaltevermögen dran bleibst. Jeden Tag 10 oder 20 Minuten sanfte Praxis – schon mal ausprobiert?
Du wirst staunen: Dein inneres Feuer geht dann nicht mehr so schnell aus, es lodert beinahe jeden Tag hell und warm und kann schnell entfacht werden. Ich helfe mir mit dem auf der Matte kultivierten Tapas neuerdings auch durch ungeliebte Arbeiten wie Buchhaltung und Fensterputz – und zwar ohne den aufreibenden inneren Widerstand.
Mittlerweile kann ich tatsächlich meine Pflichten mit fast so viel Andacht erledigen wie der Schweinehund genüsslich seine liebgewonnenen Angewohnheiten verschlingt.
Jeder von uns hat seinen Platz und wir sind echte Freunde geworden. Böse bin ich ihm nur mehr selten und ich glaube, er mir auch nicht.